Gesunde Ernährung
Finde heraus ob dein Apfel Bio ist
16.05.2017 17:07
Dies Frage wird bald per Smartphone-App beantwortet werden können.
Die neue App von Fraunhofer-Institut kann Lebensmittel
inspizieren und sich spezielle Inhaltstoffe anzeigen lassen.
Anwendungsmöglichkeiten gibt es zahlreiche: So kann man beispielsweise
einen Apfel auf seine Pestizid-Rückstände untersuchen. Entsprechend dem
Wikipedia-Prinzip sollen die Anwendungen sukzessive erweitert werden.
Die Äpfel sind mit »Bio« etikettiert – doch ob sie wirklich ungespritzt sind, weiß der
Kunde nicht. Und das Auto ist – wenn man den Angaben des Verkäufers Glauben
schenkt – unfallfrei. In vielen Situationen muss man sich auf Aussagen verlassen, ohne
diese überprüfen zu können. Mit der App »HawkSpex® mobile« des FraunhoferInstituts
für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg sollen Verbraucher
künftig die Möglichkeit bekommen, solche Angaben zu überprüfen. Das Prinzip: Sie
zücken ihr Smartphone, öffnen die App, richten sie auf das zu prüfende Objekt – etwa
den Apfel – und erhalten die gewünschte Information: Beispielsweise, ob der Apfel
Rückstände von Pestiziden enthält.
Zwar gibt es bereits Systeme, mit denen sich solche Messungen durchführen lassen.
Allerdings muss der Nutzer hierfür üblicherweise zusätzliche Teile, zum Beispiel ein
Prisma, vor die integrierte Kamera klemmen – was teuer und unpraktisch ist und
zudem das Design des Smartphones stört. »Das Besondere an unserer App: Der
Anwender braucht für die Messung nichts weiter als die Kamera, die ohnehin in seinem
Smartphone integriert ist«, sagt Prof. Udo Seiffert, Kompetenzfeldleiter am Fraunhofer
IFF.
Alles ohne weitere Hardware möglich
Doch wie haben die Forscher um Projektleiter Dr. Andreas Herzog es geschafft, ohne
ein Prisma auszukommen? Normalerweise braucht man für solche Messungen eine
spezielle Hyperspektralkamera: Sie justiert jeweils auf verschiedenfarbiges Licht und
ermittelt, wie viel Licht dieser Farbe das Objekt zurückwirft. So erstellt sie einen
gesamten spektralen Fingerabdruck des Objekts. Aus diesem können die Wissenschaftler
über ein mathematisches Modell annähernd beliebige Informationen über das Objekt
extrahieren, etwa die Inhaltsstoffe. "Da im Smartphone keine Hyperspektralkamera
integriert ist, haben wir dieses Prinzip einfach umgedreht", erläutert Seiffert. »Wir
haben mit der Kamera einen breitbandigen dreikanaligen Sensor – also einen, der alle
Wellenlängen misst – und beleuchten den Gegenstand mit Licht unterschiedlicher
Farbe.« Das heißt: Nicht die Kamera misst die Lichtintensität in den verschiedenen
Farben, sondern das Display beleuchtet das Objekt nacheinander in
Sekundenbruchteilen in einer Reihe von unterschiedlichen Farben. Scheint das Display
also nur rotes Licht auf das Objekt, kann das Objekt auch nur rotes Licht reflektieren –
und die Kamera nur rotes Licht messen. Kluge Auswerte-Algorithmen sorgen
dafür, dass die App mit der begrenzten Rechenleistung eines Smartphones auskommt
und die eingeschränkten Leistungen von Kamera und Display kompensiert.
Die erste Laborversion der auch zum Patent angemeldeten App ist fertig. Bevor sie
jedoch für den privaten Nutzer veröffentlicht werden kann, entwickeln die Wissenschaftler
diverse Anwendungen. Um analysieren zu können, ob sich Pestizide
im Apfel befinden, muss das System zunächst über Vergleichsmessungen angelernt
werden. Etwa Ende 2017, hofft Seiffert, könnte die App »HawkSpex® mobile« auf den
Markt kommen.
Vergleichsmessungen sind allerdings nicht immer nötig. Denn bei einigen Fragen geht
es nicht um die Angabe einzelner Inhaltsstoffe, sondern nur um die Messung
unterschiedlicher Verteilungen von Stoffen oder Materialien. Etwa beim Autokauf: Hier
vergleicht die App, ob der Lack an allen Stellen exakt die gleiche Farbe hat – oder ob
nachlackiert wurde.
Nutzer erweitern das Anwendungsspektrum – ähnlich Wikipedia
»Es sind so zahlreiche Einsatzbereiche denkbar, dass der Markt uns sicherlich
überrennen wird«, ist sich Seiffert sicher. Daher setzen die Forscher auf einen Ansatz,
der dem Online-Lexikon Wikipedia nachempfunden ist. »Wenn die App Ende 2017 auf
den Markt kommt, können engagierte Nutzer zum großen Ganzen beitragen und neue
Anwendungen, zum Beispiel die Beurteilung der Belastung von Salatköpfen mit
Pflanzenschutzmitteln, kreieren, indem sie das System für eine solche Fragestellung
anlernen«, sagt Seiffert. Das heißt: Sie vermessen etwa behandelte und unbehandelte
Salatköpfe verschiedener Sorten mit der App und schicken die Daten zum Fraunhofer
IFF. Forscher prüfen die Messungen und schalten die Anwendung für alle Nutzer frei.
Auch im kommerziellen Bereich ist die App von großem Interesse. So lassen sich mit ihr
Bereiche erschließen, bei denen sich ein Präzisionsmessgerät nicht lohnen würde.
Beispiele sind die Qualitätskontrolle von Lebensmitteln, die Wirksamkeit von
Kosmetikprodukten oder auch die Landwirtschaft: Der Landwirt kann so zum Beispiel
auf direkten Weg Aussagen dazu erhalten, ob seine Gewächse genügend mit
Nährstoffen versorgt sind oder ob er zum Dünger greifen sollte.